Das Judentum Osteuropas
In: Judentum und Antisemitismus von der Antike bis zur Gegenwart, S. 179-188
Der Beitrag untersucht auf der Basis gedruckter Quellen das Judentum Osteuropas vom 11. Jahrhundert bis 1939. Die Ausführungen konzentrieren sich auf den zentralen jüdischen Siedlungsraum in Osteuropa, das polnisch-litauisch-ukrainische Gebiet. Hier sind seit dem 11. Jahrhundert Juden nachweisbar. Ihre glücklichste Epoche war die Zeit der Ukraine-Kolonisation im 16. und 17. Jahrhundert, wo Juden nicht selten die Mehrheit einer Kleinstadt ausmachten. Um 1650 veranlaßten Kosakeneinfälle zu einer Massenflucht in den polnischen Westen und den deutschen Osten. Dort destabilisierten die Neuankömmlinge die ansässigen Judengemeinden in sozioökonomischer, finanzieller und religiöser Hinsicht. Hier liegen die Wurzeln für den Ost-West-Konflikt innerhalb der Juden. Nach dem Wiener Kongreß fiel ein Großteil Polens an Rußland, das die Juden zwangsweise zu assimilieren suchte. Nach den Pogromen gegen Ende des 19. Jahrhunders propagierte man deshalb jüdischerseits den Zionismus. Gemessen am Zarenreich lebten die Juden in den habsburgischen und preußischen Teilgebieten Polens weniger gefährdet. Den nach dem Ersten Weltkrieg entstandenen Staaten fehlte eine Ruheperiode zur Lösung ihrer Minderheitenprobleme. (AM)